Dreißigjähriger Krieg

Der 23. Mai 1618 gilt allgemein als Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Mit dem Prager Fenstersturz, einem scheinbar belanglosen Zwischenfall, begann ein langer und grausamer Krieg. Die Bevölkerungsverluste waren in manchen Regionen dramatisch. Die Grafschaft Ravensberg und somit auch das Dorf Jöllenbeck spielte in dieser Auseinander- setzung allerdings nur als Nebenkriegsschauplatz eine Rolle. In der Kriegsanfangszeit blieb Ravensberg von militärischen Auseinandersetzungen verschont.

Das Jahr 1623 brachte einen kühlen Sommer. Die Felder wurden nur noch unregelmäßig bestellt; so dass die Ernteerträge schlecht ausfielen. Am 29. Juli zog der besonders gefürchtete draufgängerische und für die protestantische Union kämpfende erst 24 Jahre alte Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, im Volksmund auch der Tolle Christian genannt, mit seinem bescheiden ausgerüsteten Regiment in die Stadt Bielefeld ein.

Am 1. August verfolgte den mutigen und Christian der Graf und General Tilly, mit seinem kaiserlich-ligistischen (katholischen) Heer durch das nicht weit von Jöllenbeck entfernte Dorf Brackwede.

Als am 11. oder 21. September 1623 ligistische und spanische Truppen ins Ravensberger Land einzogen, erschienen auch in den Vogteien Brackwede und Heepen plündernde Söldner. Wieder schrieb von der Borch einen Brief an den Kurfürsten:

Die haben den Leuten alles Korn durch oben in das Dach dazu gebrochene Löcher von den Balken heruntergeholt und auf den Hof geworfen, die Ähren vorn abgeschnitten und auf 200 Wagen die sie bei sich gehabt, samt Pferden, Kühen und anderem Vieh, auch Kleidern, samt allem so sie gefunden, weggeführt nach der Grafschaft Lippe, allda sie annoch liegen, also daß der Bauers mann, der ends nichts denn allein den Leib und geringe Kleider. So er daran gehabt, übrig behalten.

Das geraubte Korn und Vieh diente den Soldaten zur Eigenversorgung oder zum Verkauf. Der Krieg sollte den Krieg ernähren!

Ende Januar 1625 beklagten sich unter anderem die Bauern der Vogteien Brackwede und Schildesche, zu der auch Jöllenbeck gehörte, darüber, dass sie noch nicht einmal trockenes Brot hätten und baten den Drosten von der Borch, der seinen Sitz auf dem Sparrenberg hatte, um die Lieferung von wichtigen Lebensmitteln.


 

2. DIE HEERFÜHRER

Johann Tzerklas von Tilly (1559-1632), Albrecht von Wallenstein (1583-1634)
und Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (1599-1626).

Um das Jahr 1629 häuften sich dann die Klagen der Landbevölkerung über durchziehende und plündernde Truppen:
In starken Rotten zu 10, 20 je 40 Mann kamen sie zu den Bewohnern in die Häuser und lauerten ihnen auf.
Sie plünderten die Überfallenen aus und schleppten sie in die Berge und Büsche, um ihnen durch rohe Misshandlung möglichst hohe Lösegelder abzuringen

Für die Grafschaft Ravensberg verliefen die kriegerischen Auseinandersetzungen bis zum Jahr 1632 relativ milde ab. Diese günstige Lage sollte sich aber mit dem Jahre 1633 ändern. Anfang März marschierte das schwedisch-braunschweigische Heer in Ravensberg ein.

Am 7. März folgte die Besetzung Bielefelds und die Belagerung des Sparrenberges. Da die ausgebeutete Stadt aber die Unterhaltskosten nicht allein tragen konnte, wurden auch die umliegenden Dörfer zur Zahlung herangezogen.

Das Land hatte ... eine Zusteuer zu leisten, und zwer
anfänglich auf je 10 Tage 10 Fuder Roggen,
5 Fuder Gerste, 15 Fuder Hafer und
10 Ztn. Speck, später alle 10 Tage 1000 Taler.

Im Frühjahr 1635 beklagten sich die Bauern aus Schildesche und Heepen über die brutalen kaiserlichen Söldner, die in Bielefeld quartierten und deren zahlreichen Pferde in Schildesche und Heepen weideten. Die verängstigten Bewohner hatte man in ihren Häusern überfallen und ihnen das notwendige Getreide zertreten.

Elend und Not wurden noch größer als 1636 die Grafschaft Ravensberg von einer großen Pestkatastrophe heimgesucht wurde. Auch die Jöllenbecker müssen sehr unter dem Schwarzen Tod gelitten haben. Mehrere Pestwellen durchzogen das Land und dezimierten die Bevölkerung.

Am 9. Mai 1636 überfielen Söldner des Heeres des kaiserlichen Generalwachtmeister Alexander (II.) von Velen zu Raesfeld, das auf der Großen Schildescher Heide für sechs Wochen sein Zeltlager aufgeschlagen hatte, die Jöllenbecker Kirche und nahmen einen Teil der Kirchenausstattung mit.

Im folgenden Jahr besetzten die zur Union gehörenden Hessen die Grafschaft.
Am Sonnabend, dem 24. Oktober 1648, schlossen die Vertreter der am Krieg beteiligten Mächte in den neutralen Städten Münster und Osnabrück den Westfälischen Frieden.
Quellen:

Aufderheide, J.F.W.: Chronik von Jöllenbeck 1855-1881, in Jöllenbecker Blätter Nr. 14 (1982)
Vdl. Beckmann, Karl: Brackwede in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in: Brackweder Heimatblätter 1 (1977)
Fricke, W.: Geschichte der Stadt Bielefeld in der Grafschaft Ravensberg, Bielefeld 1987
Lahrkamp, Helmut: Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Frieden. Eine Darstellung der Jahre 1618-1648, Münster 1999
Vgl. Salge, S.: Der Dreißigjährige Krieg in der Grafschaft Ravensberg, Bielefeld 1922
Teske, Gunnar: Bürger Bauern, Söldner und Gesandte. Der Dreißigjährige Krieg und der Westfälische Frieden in Westfalen, Münster 1997.


Bildnachweis:

Langer, Herbert: Kulturgeschichte des 30jährigen Krieges, Stuttgart 1978,
Köhn, Gerhard: Der Dreißigjährige Krieg in Stadt und Land, Soest 1998, Wikimedia Commons,
Privatarchiv Kassing


3. Siebenjähriger Krieg

Am 26. August 1756 überfielen Preußische Truppen das Nachbarland Sachsen: Es begann der Siebenjährige Krieg.

Noch am 12. Juni 1757 lag nicht weit von Jöllenbeck, im Dorf Brackwede, das Armeelager des Herzogs von Cumberland. Fast 45.000 Soldaten hannoverscher, braunschweigischer, hessischer und preußischer Herkunft ruhten in ihren Zelten.

Ohne die in Preußen einrückende französische Armee zum Kampf gestellt zu haben, trat die Armee von Cumberland am 13. Juni den Rückzug an. Kriegshandlungen blieben zwar aus, doch kam es im Zuge der nachrückenden französischen Armee zu einzelnen Besetzungen, Plünderungen und Beschädigungen.

Am 14. Juni 1757 drangen französische Soldaten auf ihrem Vormarsch zum ersten Mal in die Grafschaft Ravensberg ein. So zogen durch Jöllenbeck feindliche Truppen nach Enger, das sie besetzten und plünderten. Die Leute auf dem flachen Land fürchteten sich vor den eigenen Truppen genauso wie vor den feindlichen Soldaten. Wie andere Ravensberger Bauern boykottierten wahrscheinlich auch die Jöllenbecker die von den Franzosen geforderten Fuhren und Getreidelieferungen.

Am 5. Dezember 1757 nahm das Infanterie-Regiment Nr. 10 an der Schlacht bei Leuthen teil. Bei dem berühmten Sturm auf den Kirchhof verlor das Regiment 741 Mann und 12 Offiziere.

Nachdem die französischen Truppen noch im März 1758 zurückgedrängt werden konnten, marschierten sie Anfang Juli 1759 abermals in die Grafschaft ein.

Auch die Jöllenbecker spürten jetzt die Kriegslasten mehr und mehr. Wertvolles Vieh fiel entweder den Seuchen zum Opfer oder wurde von den Franzosen beschlagnahmt. Häuser wurden kaum noch errichtet; die Einwohnerzahl sank rapide. Hungersnöte und Krankheiten, die regelmäßigen Wintereinquartierungen eigener und fremder Truppen, die unzähligen Brandschatzungen und die Verschuldungen belasteten das dörfliche Wirtschaftsleben auf Jahre hinaus. Bauern, Heuerlinge, das Gesinde und die Handwerker trugen die Lasten des preußischen Militäretats. Die Jöllenbecker Männer mussten in den Krieg ziehen, so dass wieder einmal wertvolle Arbeitskräfte auf den Höfen fehlte.

Erst am 1. August 1759 konnte der Herzog von Braunschweig die Franzosen bei Minden schlagen. Jöllenbecker Söhne, garnisoniert in Bielefeld (Infanterie-Regiment Nr. 10), sind bestimmt dabei gewesen. Am 2. August verlassen die Franzosen Bielefeld.

Die großen Pferdeverluste im Siebenjährigen Krieg zwangen die preußische Armee ihre geschädigten Bestände aus der Landwirtschaft wieder aufzufüllen. Nicht selten waren die Jöllenbecker Bauern tagelang für Spanndienste unterwegs und kehrten nach mühseligen Militärtransporten mit erschöpften Pferden wieder heim. Wichtige Straßen und Wege hatten die Armeen ruiniert, die Wälder abgeholzt oder durch Kriegseinwirkungen stark geschädigt.

1761 wieder Durchmärsche. Am späten Abend des 25. September gelang es einem Trupp Franzosen in einige Bielefelder Häuser einzudringen. Wintereinquartierungen eines Teils eines Braunschweigischen Regimentes in Bielefeld, im Nachbardorf Schildesche und wohl auch in Jöllenbeck.

Am 23. Oktober 1762 wieder einige Franzosen in Bielefeld, die nach einer Geldforderung ihren Rückzug über Brackwede nehmen.

Doch der Krieg dauerte nicht mehr lange: Am 24. November 1763 schloss man einen Waffenstillstand. Preußen, zu dem auch Ravensberg zählte, behielt das eroberte Schlesien und wuchs zu einer europäischen Großmacht heran.



Quellen:

Engel, G.: Dorf, Amt und Stadt Enger, Enger 1981
Flügel, Axel: Kaufleute und Manufakturen in Bielefeld, Bielefeld 1993
Vgl. Weitkamp, R.: Vom Hofe Hagemann, Teil 1, in Jöllenbecker Blätter Nr. 15 (1973)
Bildnachweis:

Jürgen Kloosterhuis (Bearb.): Bauern, Bürger und Soldaten.
Quellen zur Sozialisation des Militärsystems im preußischen Westfalen 1713- 1803,
Münster 1992, Wikimedia Commons, Stadtarchiv Bielefeld, Privatarchiv Kassing

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