Das Hauptgebäude

Für den Bau des großen Haupthauses holte sich der Jöllenbecker Bauer, da das Rohmaterial aus einem angrenzenden Forst (z.B. Nagelsholz) stammte, die Genehmigung der Forstverwaltung. Das Fachwerk fertigte man überwiegend aus Eichenholz. Die Balken, die das Dachgerüst trugen, bestanden dagegen aus Tannenholz. Zumeist stand das Gebäude mit seinem großen Einfahrtstor in nordsüdlicher Richtung mit der grünen Giebelseite zur Straße. Der ganze Komplex lag oft unter Obstbäumen und lichtem Eichenbestand, umgeben von einem Bohlenzaun. Bis zum Ersatz des Strohdaches durch das Ziegeldach existierte noch kein Kamin, so daß der Rauch das gesamte Haus durchzog.
Beim Betreten des Hofareals fällt der Blick des Besuchers auf das große Einfahrtstor des heute mit Dachziegeln gedeckten Ständerhauses. Vorbei an der Miststätte und durch das große Tor mit dem Spruchbalken gelangt man auf Getreidekasten, 19. Jahrhundert die Diele des großen Hauses. Es ist ein eindrucksvoller Hallenraum. Man nennt daher diese Form des Bauernhauses auch Niederdeutsches Hallenhaus.
Hier drosch man mit dem Dreschflegel das Getreide, verarbeitete den Flachs, traf sich zum Tanz oder bahrte einen Verstorbenen auf. In den beiden Abseiten der Deele stand auf der linken Seite mit dem Kopf nach innen das Rindvieh; auf der rechten Seite die Pferde. Die Lehmdiele bildete den eigentlichen Mittelpunkt des bäuerlichen Lebens.
Am oberen Ende der Diele befand sich der offene Küchenbereich ohne Schornstein mit dem Flett, so
daß die Frau, welche bey demselben sitzt, zu gleicher Zeit alles übersehen kann ... Ohne von ihrem Stuhle aufzustehen, übersieht die Wirthin zu gleicher Zeit drey Thüren, dankt denen, die herein kommen, heißt solche bey sich niedersetzen, behält ihre Kinder und Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hütet Keller und Boden und Kammer, spinnet immerfort und kocht dabey. Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus derselben eben diese große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen, und alle Thüren auf und zugehen, höret ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen und beachtet wiederum Keller, Boden und Kammer. Wenn sie im Kindbette liegt, kann sie noch einen Theil dieser häuslichen Pflichten aus dieser ihrer Schlafstelle wahrnehmen.


In der Räucherkammer über dem Kamin wurden Speck, Schinken, Wurst und Fleisch im aufsteigenden Rauch geräuchert. Die linke Lucht diente als Eßplatz. An den Tischenden saßen der Bauer und seine Frau, an den Seiten die Kinder und das Gesinde. Besonders in der kalten Jahreszeit hockten Bauersleute, Knechte, Mägde, Kinder, Heuerlinge, Verwandte und Nachbarn am wärmenden Herdfeuer. Nach einem langen Arbeitstag wurden hier die Neuigkeiten des Tages ausgetauscht. Gegenüber dem Eßplatz befand sich der Waschort für die tägliche Körperpflege und die Reinigung der Wäsche. Der Abort befand sich vor dem Stall in einem kleinen Häuschen. Früher verrichtete man seine Notdurft im Stall oder auf dem Misthaufen.
Der wichtigste Wohnraum war die gute Stube, die mit einem Ofen geheizt werden konnte. Schlafkammern gab es nur für die Bauernfamilie. Das Gesinde schlief in einer kleinen Kammer an seinem Arbeitsort.
Den Giebel des Haupthauses schmückte man mit einer geschnitzten Säule. Später weißte man die neuen Hauswände in unregelmäßigen Abständen. Das Ständergerüst wurde schwarz angestrichen; die Giebelplatten erhielten die Farben rot oder blau. Natürlich befand sich in der Nähe des Haupthauses ein eigener Ziehbrunnen mit einem Hebebaum sowie der notwendige kleine Löschteich, der Tummelplatz für Enten und Gänse.
Um 1760 stellte man in Jöllenbeck zum ersten Mal einen Nachtwächter ein, der ein Feuer sofort zu melden hatte.
Quellen:
Justus Möser: Sämtliche Werke, Bd. 6, Oldenburg 1954.
Josef Scheper : Haus und Hof westfälischer Bauern, Münster 1994
Peter Florens Weddigen: Historisch-geographisch- statistische Beschreibung der Grafschaft Ravensberg in Westphalen, Bd. 1, Leipzig 1790.
Bildnachweis:
Privatarchiv Kassing
Der Heuerlingskotten

Zu den größeren Jöllenbecker Höfen gehörten auch zahlreiche Nebengebäude. Oft war es üblich, daß der Bauer weitere Kotten am Rande seines Besitztums, am Hofplatz oder zumindest in
Rufweite errichtete. Diese wurden dann von den älteren Söhnen der fremden Familien als Heuerlingskotten gepachtet und bewirtschaftet.
Die Kotten waren nicht so groß wie die Haupthäuser und wurden teilweise von mehreren Heuerlingsfamilien bewohnt oder von dem Altbauer als Leibzuchtkotten benutzt.
Der Heuerling, er gehörte zur untersten sozialen Schicht, mußte bei Bedarf dem Bauern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Zumeist während der Stoßzeiten im jährlichen Arbeitsablauf. Neben der doch recht bescheidenen Landwirtschaft betrieben die meisten Jöllenbecker Heuerlinge ein Haushandwerk: Spinner, Leineweber, Zimmermann oder Holzschuhmacher. Zum anderen zogen sie im Sommer nach Holland, um dort als Torfstecher, Grasmäher oder Heringsfänger zu arbeiten. Viele Heuerlinge wanderten auch nach Amerika aus.
Das Heuerlingshaus wurde als Ständerbau mit einer schmalen, durchgehenden Diele errichtet. Auch hier lag am Ende der Lehmdiele der Herdraum mit der zweigeteilten Hintertür, darüber die Räucherbühne. Zu beiden Seiten der Diele befanden sich niedrig gestaltete Kammern, Stuben und kleine Ställe. Über den Seitenschiffen wurden auf den niedrigen Bühnen in der Regel Futter, Vorräte und auch Schlafstellen untergebracht.
Die Erträge der Ernte wurden auf dem Dachboden deponiert, der nur mit einer Leiter erreicht werden konnte. Die kleinen Schiebefenster der Kotten waren bleiverglast. Einzelne Kotten erhielten später auch ein oder zwei Stallvorbauten (Schweineställe). Hinter dem Kotten befand sich ein Ziehbrunnen. Von der Küche konnte die Wasserstelle leicht erreicht werden. Sie lieferte das Trinkwasser für die Heuerlingsfamilien und ihren wenigen Tieren. Das Wasser zog man mit einem Eimer und einem acht Meter langen Eichenbalken aus dem Loch. Bei heißem Wetter nutzte man die Kühle des Brunnens zur Aufbewahrung von Milch und Butter.
Die Heuerlingsfamilien lebten in der Regel in ärmlichen Verhältnissen und besaßen kaum Eigentum. Zu einem Heuerlingshaushalt gehörten die Betten, Tisch und Stühle, Gerätschaften wie Spinnrad, Haspel und Schiebkarren sowie Kessel, Eimer, Töpfe und die Fenster, die jeder Heuerling mitbringen mußte und natürlich wider mitnahm, wenn der den Hof wechselte.
Quellen:
Vgl. Fischer, H.E.F.: Denkschrift von 1809 über die Lage der Heuerlinge in Ravensberg, hg. von G. Angermann, in: JBHVR 74 (1982/83).
Schepers, Josef: Haus und Hof westfälischer Bauern, Münster 1994.
Bildnachweis:
Privatarchiv Kassing, HV-Jöllenbeck
Mühlen

Das im Januar 1741 erlassene Mühlenreglement für Minden und Ravensberg regelte auch in Jöllenbeck das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen dem Müller und seinen Mahlgenossen und schrieb den Mahlzwang fest.
Noch bis zum Jahr 1744 hatten auch die Oberjöllenbecker Bauern das mühsam geerntete Getreide zur alten Beckendorfer Wassermühle transportieren müssen. Oft war der Weg nach Schröttinghausen verschlammt und für die schweren Kastenwagen der Bauern fast unbefahrbar. Die Heuerlinge mußten ihre Kornsäcke sogar mit der Schubkarre zur Mühle schieben.

Die vom Beckendorfer Mühlenbach angetriebene Wassermühle war eine Zwangsmühle und lag direkt an der Dorfgrenze zu Schröttinghausen. Die alte zweistöckige Fachwerkmühle konnte nicht nur Korn mahlen, sondern besaß weitere Mahlgänge zum Auspressen ölhaltiger Samen und zum boken des Flachses und Hanfes
In der zweiten Hälfte des Jahres 1744 bauten dann die Jöllenbecker auf dem hochgelegenen Grundstück der Pfarrei, Hellefeld genannt, die erste Windmühle des Dorfes. König Friedrich II. hatte den Mühlenbau angeordnet.
Die Kappenwindmühle, allgemein auch als Holländer Windmühle bezeichnet, wurde zum ersten Mal 1605 in Holland gebaut. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts errichtete man Turmwindmühlen in Westfalen.
Quellen:
Landesarchiv Münster, KDKM, VI, 81.
Vgl. Stender, August: Die Windmühle auf dem Hellefeld, in: Jöll. Bl. 21 (1975)
Bildnachweis:
Privatarchiv Kassing, HV-Jöllenbeck
Die Markenteilungen
Die Markenteilungen in Jöllenbeck lagen am Ende einer kontinuierlichen Privatisierung und Rodung von Markenland auf Zuschlägen, von denen der ein oder andere Jöllenbecker Hof mehr oder weniger profitiert hatte. Insbesondere waren Teile der Allmende, besonders von der Jöllenbecker Heide, bis in den eigentlichen Dorfkern für Besiedlungen freigegeben worden.
Schon im Jahre 1750 hatte der König dem Generaldirektorium Anweisungen darüber erteilt, daß diese
die Sachen wegen der gemeinschaftlichen Hutungen und wegen der Koppel Weyden näher examinieren und gründlich einsehen soll, ob es nicht faisable und besser seyn werde, wenn dergleichen bisherige gemeinschaftliche und Koppelweyden aufgehoben und dahin geändert werden würden, dass jedem Bauer und dergleichen deren Ämter Dorfschaft ein gewisses District
zugewiesen werden und zu Acker und Wiese kultiviert werden sollte
Wahrscheinlich begannen auf einer im Juni 1765 stattfindenden Potsdamer Konferenz neuerlich die Überlegungen auf Grund einer Teilung der Marken den Ackerbau zu erweitern, die Viehzucht zu vermehren und die Bauern über die Mängel der Weidegemeinschaft aufzuklären. Es war aber von Anfang an geplant, die Heuerlinge von der Markenteilung auszuschließen.
Die Reform führte besonders im Bereich des Leinengewerbes zu einem tiefgreifenden Wandel. U.a. stieg auch in Jöllenbeck die Anzahl der Heuerlinge und führte zu neuen Konflikten.
Die Reform führte besonders im Bereich des Leinengewerbes zu einem tiefgreifenden Wandel. U.a. stieg auch in Jöllenbeck die Anzahl der Heuerlinge und führte zu neuen Konflikten.
Für das Dorf Jöllenbeck existieren noch fünf Teilungskarten aus den Jahren 1773-1790. Auf Anweisung des Kriegs- und Domänenrats Hoffbauer wurden die Marken von den Landmessern Nordsiek und Graf vermessen, geteilt und auf kolorierten Meßtischblättern festgehalte.
Am Ende der Teilungen war der Zugewinn für die einzelnen Jöllenbecker Höfe sehr unterschiedlich. So erhielt z.B. der Oberjöllenbecker Hof Meyer zu Bargholz die enorme Fläche von über 165 Morgen, der Oberjöllenbecker Hof Buschmann über 61 Morgen und der Hof Cassing 28 Morgen.
Die Ergebnisse der Teilungen mußten von den Bauern schriftlich bestätigt werden. Für den hinzugewonnene Parzellengewinn erhielten sie das Pflanz-, Hude- und Bebauungsrecht.
Quellen:
Aufderheide, J. F. W.: Chronik von Jöllenbeck 1855-1881, Masch., Bielefeld 1978
Landesarchiv Münster, KDKM, VI, Nr. 458, Bd. 1.
Landesarchiv Münster, KDKM, Karte 8517.
Bildnachweis:
Privatarchiv Kassing